Fingermalerei
Die ersten Fingermalereien entstanden 1973. Bei der sehr intensiven Arbeit an einer großen Face Farce zerbrach Rainer der Pinsel. Um den Rhythmus und die Konzentration nicht zu verlieren, malte er mit den Fingern weiter. Der unmittelbare und schnelle Zugriff und die damit verbundene direkte Umsetzung seiner Emotionen faszinierten ihn.
Die ersten Arbeiten aus den 70er Jahren sind reduziert und aggressiv. Oft bedecken nur ein oder zwei Handschläge den Malgrund. Diese meistens in roter Farbe, für den Fall, dass die Hand zu bluten beginnt. Später werden die Arbeiten wesentlich komplexer und chaotischer. Die Fertigstellung erstreckt sich über Jahre. Auch hier malt er immer wieder nach einer langen Pause neue Farben und Gesten darüber.
Rainer arbeitet sehr rasch und impulsiv. Obsessiv klatschen, wischen und schlagen seine Hände auf den Malgrund. Die Bilder, die auf diese Weise entstehen, sind unendlich wandelbar. In den Arbeiten der 80er Jahre ist es weniger der aggressive Schlag, sondern die Spur der Finger welche sie in der noch feuchten Farbe hinterlassen. Eine Vielfalt an Farben und Formen findet sich zu einem komplexen Gefüge zusammen. Immer mehr entwickelt Rainer diese Technik zu einer sehr subtilen und feinen Bildsprache. Ähnlich den Übermalungen werden die Bilder in weiterer Folge vieldeutiger, geheimnisvoller und rätselhafter, und verlangsamen sich in der Bewegung. Die Aggression weicht der Gestaltung. Rainer formt nun seine Bilder mit den Fingern. Er beginnt die von ihm akribisch entwickelte Bildsprache sehr gezielt einzusetzen und vermischt sie mit den traditionellen Techniken, um die Impulsivität und Körperlichkeit seiner Arbeiten zu steigern.
Der Künstler selbst als Malinstrument. Direkter kann die Umsetzung nicht erfolgen. Die Fingermalerei ist also eine logische Weiterentwicklung seiner Körpersprache.
Nachdem ich viele Kartons auf dem Boden aufgelegt hatte und von einem zum anderen kroch, um die Farbmaterie als Schmiere, Markierung, Spur zu hinterlassen, fand ich zu einer sehr physischen Malweise.......meine Hände waren dabei immer schmutzig, wund und offen, meine Knie aufgeschürft."
(Arnulf Rainer, Gejammer, 1982, zitiert in: Arnulf Rainer, Ausst.Kat. Historisches Museum der Stadt Wien, Wien 1989, S.55)
(Text: Christa Armann)